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Vučić sieht in ausländischen Richtern seit dem Dayton-Abkommen ein Hindernis für die Konföderation von Serbien und RS

Der aktuelle Präsident Serbiens, Aleksandar Vučić, zeigt seit dem Dayton-Abkommen eine Obsession für die Frage der ausländischen Richter im Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina (BiH). Diese Ambitionen wurden besonders während der Treffen mit dem serbischen Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, sowie dem kroatischen Mitglied, Dragan Čović, deutlich.

Vučić & Šešelj Bosnienkrieg
Aleksandar Vučić mit seinem Ziehvater und verurteiltem Kriegsverbrecher Šešelj
während der Belagerung Sarajewo’s. Wie glaubwürdig ist sein politischer
Kurswechsel zu einem friedensstiftendem Pro-Europäer?

Bereits Ende 2021 äußerte Vučić den Wunsch, von Dodik Informationen über einen albanischen Richter zu erhalten, der als neuer ausländischer Richter für das Verfassungsgericht von BiH vorgeschlagen wurde. Dodik bestätigte nach dem Treffen, dass sie dieses Thema diskutiert hatten, und erklärte, dass der albanische Richter das Ergebnis der Lobbyarbeit der muslimischen Seite in Sarajevo sei.

Vučićs Obsession mit ausländischen Richtern im Verfassungsgericht von BiH begann jedoch schon kurz nach dem Dayton-Abkommen. Er veröffentlichte zwei Analysen in einem Magazin mit dem bezeichnenden Namen „Velika Srbija“ („Großserbien“), das damals als Stimme der radikalen Partei Šešelj diente.

In der ersten Analyse mit dem Titel „Šešelj u Ohaju“ (Šešelj in Ohio) kritisierte Vučić hauptsächlich die verfassungsrechtlichen Regelungen, insbesondere die Zusammensetzung des Präsidiums und des Verfassungsgerichts von BiH.

Für Vučić war besonders die Bestimmung des Dayton-Abkommens, die die Bildung des Verfassungsgerichts von BiH regelt, inakzeptabel. Von den neun Richtern werden vier von der Föderation BiH, zwei von der Republika Srpska (RS) und zusätzlich drei vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs gewählt.

Da Entscheidungen mit Mehrheit getroffen werden, schrieb Vučić, wäre es in der Praxis ausreichend, dass nur ein Richter des Europäischen Gerichtshofs sich den von der Föderation gewählten Richtern anschließt, um eine Entscheidung gegen die Interessen der serbischen Seite zu treffen. Darüber hinaus habe das Gericht das Recht zu entscheiden, ob der Versuch der Serben in der RS, eine Konföderation mit Serbien zu bilden, legal sei.

Šešelj in Ohio - Text von Aleksandar Vučić
„Šešelj in Ohio“ – Text von Aleksandar Vučić in der Zeitschrift „Großserbien“

Vučićs politische Kontinuität aus den 1990er Jahren zeigt sich besonders deutlich in seiner Position zum Verfassungsgericht, wo er als Sprachrohr der radikalen Partei Šešelj agiert. Im Februar 2020 griff Vučić das Verfassungsgericht von BiH an und bezeichnete die bosniakischen Richter abfällig als „Muslime“. Er beharrte darauf, dass die ausländischen Richter innerhalb von fünf Jahren entfernt werden sollten, was bis dahin jedoch schon 25 Jahre zurücklag.

Seiner Ansicht nach sollten statt einer Mazedonierin und zwei ausländischen Richtern zusammen mit den Muslimen Richter gewählt werden, um zu entscheiden, wem das Eigentum nach der Rückstellung zusteht – Bosnien und Herzegowina oder der Republika Srpska. Es ist bemerkenswert, dass Dodik ebenfalls die Legitimität der ausländischen Richter im Verfassungsgericht von BiH bestreitet.

In einer weiteren Analyse mit dem Titel „Posledice dejtonske terevenke“ (Folgen der Dayton-Festivitäten) im Dezember 1995 schließt Vučić mit prophetischen Worten: „Am Ende werden die Serben ihren Kopf erheben und ihr Land zurückfordern. Es bedarf nur noch ein wenig Geduld. Wir müssen diejenigen, die für unsere Niederlage und Demütigung verantwortlich sind, von der Macht entfernen.“ Betrachtet man Vučićs Handlungen seit seiner Machtübernahme vor etwa zehn Jahren, könnte man diese Ankündigung aus „Velika Srbija“ als erfüllte Prophezeiung betrachten.