Zeitgleich mit dem Besuch des deutschen Kanzlers Olaf Scholz in Belgrad zur Unterzeichnung eines Lithium-Memorandums mit Aleksandar Vučić erschien im öffentlich-rechtlichen Sender Deutsche Welle, der von deutschen Bürgern finanziert wird, ein Artikel über die angebliche Radikalisierung von Muslimen auf dem westlichen Balkan. Der Artikel, der offensichtlich ein Zeichen eines politischen Richtungswechsels ist, basiert auf einer Analyse von Karsten Dümmel für die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).
Dümmel war von 2014 bis 2018 Leiter des KAS-Büros in Sarajevo und stützt seine Schlussfolgerungen offensichtlich auf gelegentliche Treffen mit Sarajevos Liberalen und Mitgliedern der FGR. Sein Artikel, der von der DW übernommen wurde, ist voller Behauptungen, die sowohl obskuren Vučić-Tabloiden als auch Kolinda Grabar-Kitarović Konkurrenz machen könnten, die einst behauptete, dass es in Bosnien und Herzegowina Tausende islamischer Terroristen gebe.
Angebliche Behauptungen über Radikalisierung
Dümmel behauptet, dass die muslimischen Bosniaken während des Krieges in Bosnien und Herzegowina erhebliche militärische Unterstützung aus islamischen Ländern erhielten und dass mit diesen Kämpfern auch radikale islamische Strömungen kamen, die nach dem Krieg nicht verschwanden. Diese Strömungen würden die „Grundlage des politischen Islamismus“ in Bosnien und Herzegowina bilden.
Die Wahrheit über Hilfe und Verbündete
Während der Aggression gegen Bosnien und Herzegowina hatten die Bosniaken hauptsächlich Unterstützung und Verbündete in den Vereinigten Staaten, selbst als während des Embargos Waffen aus arabischen Ländern nach Bosnien gelangten. Die These der angeblichen Radikalisierung des Islam in Bosnien und Herzegowina wird seit Jahren genutzt, um zu zeigen, dass der Krieg im ehemaligen Jugoslawien geführt wurde, um den radikalen Islam auszurotten. Doch 1992 gab es keinen einzigen Mudschahedin in Banja Luka und Prijedor, aber die Bosniaken dort wurden massenhaft getötet und vertrieben.
Schlechte Recherche und historische Fakten
Die Darstellung der angeblichen Radikalisierung durch ausländische Kämpfer im Artikel der Deutschen Welle ist schlecht recherchiert und ignoriert wichtige historische Fakten. Während des Krieges wurden ausländische Kämpfer als helfende Hand wahrgenommen, da es für die Bosniaken ums bloße Überleben ging. Die Bosniaken wurden aus sogenannten UN-Schutzzonen einfach ihren Schlächtern übergeben, während ein Waffenembargo vor allem die Bosniaken traf, die unvorbereitet auf den Krieg waren, da sie ihn nicht geplant oder gewollt hatten. Es stellt sich natürlich auch die Frage wieso ein solcher Artikel zeitgleich mit dem Belgrad-Besuch von Kanzler Scholz veröffentlicht wird.
Politischer Hintergrund und Absichten
Kritiken der serbischen und kroatischen nationalistischen Politik an den angeblichen radikalen Tendenzen der Bosniaken haben eine klare Absicht. Das Ziel ist, dass solche Tendenzen bei den Bosniaken vorherrschen, denn nur dann könnten solche Politiken ein Verbündeter bei der Teilung von Bosnien und Herzegowina werden. Doch Bosnien und die Bosniaken sind nicht so, obwohl sie in den 90er Jahren genug überlebt haben, um allen Grund zu haben, radikaler zu werden.
Fazit
Die Frage ist, ob Deutschland sich durch den DW-Artikel und die Analyse seines Sarajevo-Spions einer Kampagne anschließt, die der bosnisch-herzegowinischen Öffentlichkeit bereits bekannt ist. Diese Kampagne wird seit Jahren von radikalen serbischen und kroatischen Kreisen geführt, mit dem Ziel, den Charakter der Aggression gegen Bosnien und Herzegowina zu ändern und mit dem gleichen Plan und Eifer, den das Duo Milošević-Tuđman hatte, Gebiete von Bosnien und Herzegowina zu beanspruchen.