Das serbische Justizsystem steht einmal mehr im Rampenlicht. Der kürzlich in Belgrad freigelassene Milan Radoičić, Vizepräsident der führenden Partei der Kosovoserben, Srpska lista, ist nicht nur in der serbischen Politik eine Schlüsselfigur, sondern auch im Zentrum eines politischen und juristischen Sturms.
Radoičićs rasche Entlassung aus der Untersuchungshaft wirft ernsthafte Fragen zur serbischen Rechtsprechung und ihrer Bereitschaft auf, die Verantwortlichen für schwere Vergehen zur Rechenschaft zu ziehen. Einige sehen dies als ein Beispiel für das, was Kritiker als „zwei Maßstäbe“ innerhalb des serbischen Justizsystems bezeichnen – ein System, das je nach den Beteiligten und ihren Verbindungen unterschiedlich agiert.
Laut Gerichtsdokumenten wird Radoičić des unerlaubten Besitzes und Handels von Waffen und explosiven Materialien beschuldigt, und es besteht der Verdacht auf seine Beteiligung an einer Gruppe, die eine Straftat begangen hat, sowie auf schwere Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit.
Doch der Fall Radoičić reicht weit über diese Anschuldigungen hinaus. Videomaterial der kosovarischen Polizei deutet darauf hin, dass er eine bewaffnete Gruppe im Norden des Kosovo organisierte, die in einen tödlichen Zusammenstoß mit der kosovarischen Polizei verwickelt war, bei dem ein Polizist getötet wurde. Daraufhin trat Radoičić von seinen Parteiämtern zurück und gab in einem schriftlichen Geständnis seine Beteiligung zu.
Sein Anwalt, Goran Petronijević, bekannt durch die Verteidigung von Radovan Karadžić und Veselin Šljivančanin vor dem ICTY, las das Geständnis öffentlich vor.
Inmitten dieser aufwühlenden Entwicklungen bleibt zu beobachten, wie Serbien und die internationale Gemeinschaft reagieren werden. Die rasche Freilassung von Radoičić, trotz seines Geständnisses und der Schwere der Anschuldigungen gegen ihn, sendet ein beunruhigendes Signal. Es stellt sich die Frage: Ist Serbien wirklich bereit, Gerechtigkeit walten zu lassen und das Recht in solch brisanten Fällen durchzusetzen? Und wie wird dies die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo beeinflussen? Es bleibt abzuwarten.