Im Kern der Kritik des politikwissenschaftlichen Experten Jasmin Mujanović steht die Intervention der Biden-Administration in die bosnische Politik, die seiner Meinung nach eine gefährliche Richtung einschlägt. Er argumentiert, dass die Biden-Regierung durch die Wiederaufnahme der Bonner Befugnisse des Hohen Repräsentanten, welche die Umsetzung des Dayton-Friedensabkommens überwachen, Bosnien-Herzegowina in eine Krise stürzt.
Die Bonner Befugnisse erlauben dem Hohen Repräsentanten, Gesetze einseitig zu ändern oder gewählte Amtsträger abzusetzen, um die Integrität des Friedensvertrags zu wahren. Nach einem Jahrzehnt der Inaktivität werden diese Befugnisse nun reaktiviert, was Fragen aufwirft, ob die USA das Projekt der Reintegration und Demokratisierung Bosniens aufgegeben haben.
Die derzeitige US-Administration scheint die Dominanz von kroatischen und serbischen Nationalisten im bosnischen Innenleben zu zementieren, um ein Mindestmaß an „funktionsfähiger“ Regierungsführung zu gewährleisten. Damit gibt sie die Unterstützung für die pro-westliche Mehrheit in Bosnien auf, einschließlich der pro-bosnischen Kroaten und Serben, die sich eine Zukunft in der EU und der NATO vorstellen.
Mujanović beschreibt auch die Dayton-Verfassung als kompliziert und als Quelle von Chaos und Konflikt. Der Hohe Repräsentant Christian Schmidt hat kürzlich diese Befugnisse aktiviert, um das Wahlgesetz und die Verfassung in der Föderation Bosnien und Herzegowinas zu ändern. Diese Schritte haben weitreichende Kritik hervorgerufen und die USA international isoliert.
Die Aktionen von Schmidt bevorzugen offenbar die kroatische nationalistische Partei HDZ, was die ethnische Zersplitterung in Bosnien weiter fördert. Innerhalb Bosniens hat dies zu einem Aufschrei geführt, und nur die USA und Großbritannien unterstützen diese Maßnahmen öffentlich.
Mujanović warnt, dass die USA eine Politik der ethnischen Teilung verfolgen könnten, die Bosnien schadet und langfristig negative Konsequenzen für die regionale Stabilität und die Demokratie haben könnte. Er zieht Parallelen zur US-Politik unter Präsident Bill Clinton und mahnt, dass ähnliche Fehler, wie sie in Afghanistan gemacht wurden, Bosnien in eine tiefe Krise stürzen könnten.
Diese Analyse legt nahe, dass die aktuelle US-Politik in Bosnien einen besorgniserregenden Pfad beschreitet, der die ethnische Teilung fördert, anstatt eine inklusive Demokratie zu unterstützen. Die Lehre, die hier gezogen werden sollte, ist, dass äußere Mächte eine sensible Rolle spielen und ihre Einflussnahme wohlüberlegt und im Einklang mit den langfristigen Zielen von Frieden und Demokratisierung erfolgen sollte.